Freitag, 1. Juli 2011

Brauerei "Het Anker", Mechelen

Das Unternehmen führt seine Geschichte stolz bis 1471 zurück, als die in Mechelen (auf Deutsch: Mecheln) ansässigen Beginen mit dem Bierbrauen begannen. Die moderne Geschichte der Brauerei beginnt jedoch erst 1872, mit dem Kauf des Brauhauses durch den Gründer Louis van Breedam. Die Brauerei befindet sich noch immer in Familienbesitz; angeschlossen sind eine Brasserie/Restaurant (sehr empfehlenswert, hervorragende regionale flämische Küche, basierend auf den lokalen Bierspezialitäten) sowie das Hotel Carolus, das sich auf dem Gelände der Brauerei befindet, welches ich aber nicht unbedingt empfehlen kann (zu den Gründen siehe meine Kritik bei Trip Advisor). Vielleicht kann man ja woanders in Mechelen wohnen und trotzdem Brauerei und Brasserie genießen - es ist ohnehin keine ganz große Stadt (aber sehenswert).

Aber ich schweife ab. Das Portfolio von Het Anker ist beeindruckend, und vor meiner Reise dorthin versuchte ich mich zu erinnern, ob ich schon jemals eines ihrer Produkte probiert hatte. Und tatsächlich gibt der Wertungsbogen vom Bierfest 2009 in Brüssel Aufschluss: Das Maneblusser und das Lucifer hatten wir dort schon probiert, beide hatten sehr gute Wertungen erzielt (2 bzw. 3 Punkte). 




Die Geschichte von Het Anker ist relativ interessant, was die Produktpalette anbetrifft. Bis in die sechziger Jahre produzierte man ein komplettes Sortiment, angefangen beim in Belgien noch anzutreffenden Tafelbier (leichtes Schankbier, um die 2 Vol.) über Pils ("Prager Pilsener", so entnehme ich es jedenfalls alten Reklametafeln) bis hin zu obergärigen Bieren. Laut Auskunft der Brauerei änderte sich in den Sechzigern jedoch der Massengeschmack, so dass man sich, um am Markt bestehen zu können, auf Lagerbiere und "Exoten" konzentrierte. In den letzten Jahren reifte jedoch der Wunsch, wieder ein komplettes Portfolio anbieten zu können. Daher wird heute - exklusiv für den lokalen Markt - auch wieder ein Pils angeboten. Und da das Anker Pils fast nur in und um Mechelen herum erhältlich ist, wollte ich es mir nicht entgehen lassen. Es ist, ehrlich gesagt, etwas nichtssagend im Geschmack, jedoch frisch, anständig herb und im Abgang recht malzig. Ein ehrliches Pils, macht seinen Job, bleibt aber nicht im Gedächtnis. 5 Umdrehungen. 

Ganz anders ist da das Hopsinjoor (ein Wortspiel aus hop - Hopfen - und Opsinjoor, einem Begriff, der mit der andauernden Fehde Mechelens mit Antwerpen zu tun hat.) Laut Firmenangaben ist es mit vier oder fünf verschiedenen Hopfenarten gebraut (die Informationen auf der Website und im gedruckten Material weichen von einander ab, der Braumeister konnte leider nicht befragt werden; genannt werden in der Broschüre jedenfalls Hallertau [Deutschland], Saaz [Tschechien], Spalter [Deutschland] und Goldings [England]), die dem Bier seinen Charakter verleihen. Ein obergäriges Blondes mit 8 Vol.; es entwickelt im Glas eine sehr schöne Blume und wirkt mächtig erfrischend, ist im Geschmack aber durch die starke Hopfigkeit sehr herb und im Abgang trocken. Löscht gut den Durst, ist aber sicherlich nichts für Beck's Gold-Trinker

Schließlich (ich habe nicht alle Biere durchprobiert; es gab noch andere Dinge zu tun und zu sehen) noch das Boscoullis, ein  typisch flandrisches Fruchtbier. Anders als in der Region um Brüssel ist hier die Basis nicht Geuze (die in der deutschen Wikipedia behauptete Verwandtschaft zur Gose ist übrigens höchstwahrscheinlich Unsinn, der Name stammt wohl vom ersten Brauort, der Geuzestraat in Brüssel) oder Lambic, sondern ein Weißbier. Zugesetzt werden 25% Fruchtsaft (Waldfrucht), das Bier hat einen Alkoholgehalt von nur 3,5 Vol. Süßstoff wird nicht verwendet. Im Glas ist das Boscoullis leicht moussierend und im Geschmack - da nicht aus Geuze bzw. Lambic hergestellt - nicht süß-sauer. Es dominiert ganz klar die Johannisbeere. Die Komposition muss man als gelungen bezeichnen: angenehm fruchtig, fein säuerlicher Abgang. Suchtgefahr! 

Außerdem getrunken: Mort Subite Xtreme Kriek (ein extrem kirschiges, auf Lambic basierendes Fruchtbier: Geschmacksexplosion, geht unheimlich in die Knie) und Timmermans Framboise (ein Himbeer-Lambic: gehört zur Lambic-Reihe von Anthony Martin und gefällt mir in den letzten Jahren immer weniger: relativ künstlich im Geschmack, dominantes Aspartam). Ich wollte noch trinken: Cristal Alken, das "zweite" Pils von Alken-Maes. Es wird immer noch beworben, scheint mir jedoch mehr und mehr marginalisiert zu sein: es bei zwei Kneipen, die ein Schild draußen hatten, versucht, beide Male war Cristal "aus". Schade. 

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 6. Juli 2011. Dann hoffentlich mit dem ersten Teil der Nachlese zu Plattfuss' (Plattfußens?) Geburtstagsparty.

Picture Credits: "Het Anker Brauhof": TAQ

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