Sonntag, 20. November 2011

Kilbeggan NAS

Vor einiger Zeit stand Plattfuss weinend bei mir vor der Tür (naja, eigentlich stimmt das nicht ganz, hört sich aber spannender an) und überreichte mir eine Flasche Kilbeggan. Das machte mich natürlich erstmal stutzig, denn normalerweise muss man ihm alles Flüssige aus den toten, kalten Fingern winden. Aber er hatte ihm wohl nicht gemundet. Auch das treibt mir die Sorgenfalten ins Gesicht. Was soll denn auf unser für nächstes Jahr projektierten Irlandreise werden, wenn dem Herrn der Irish Whiskey nicht schmeckt? Nach dem Paddy war das jetzt schon der zweite Fehlgriff. 

Nun, sei es drum: zurück zum Kilbeggan. Wie ich, glaube ich, schon einmal geschrieben habe, gab es lange Zeit einen Konzentrationsprozess in der irischen Destillerielandschaft. Das ging so weit, dass in den siebziger Jahren sich das gesamte Whiskeygeschäft in den Händen der Irish Distillers Group (IDG) befand. Erst dann setzte wieder eine Diversifizierung ein. Aktuell gibt es erneut vier Brennereien in Irland, nämlich Cooley (die einzige in irischer Hand: Kilbeggan, Tyrconnell, Connemara und Greenore, ein seltener Single Grain Whiskey), Old Bushmills (Diageo: Bushmills White Label, Black Bush, Bushmills Malt 10, 16, 21), New Midleton (Pernod-Ricard: Jameson, Tullamore Dew, Redbreast, Green Spot, Paddy, usw) und Kilbeggan (ehemals Locke's, wiedereröffnet 2007). Wie? Kilbeggan wird gar nicht von Kilbeggan hergestellt? Nein, denn die Whiskeys der "neuen" Brennerei Kilbeggan sind noch nicht bereit für den Verkauf (da erst vor vier Jahren gebrannt), mit Ausnahme von kleinen Sammlereditionen. 

 

Die Marke Kilbeggan wird wie gesagt bei Cooley gebrannt und nur bei Kilbeggan gelagert. Klingt verwirrend? Ist auch so. Bei dem, was als Kilbeggan Irish Whiskey verkauft wird, handelt es sich um eine Komposition von Noel Sweeney, Cooleys Master Blender. Das Produkt hat keine Altersangabe, jedoch muss irischer Whiskey mindestens drei Jahre gereift sein, bevor er sich Whiskey nennen darf.

In der Farbe ist er wie dunkles Stroh, die erste Nase ist durchaus vielschichtig: etwas Holz, etwas Pfeffer, etwas frisches Heu. Am Gaumen erst weich, Toffee, dann etwas würziger, mehr Schärfe. Im Abgang eher länger, allerdings wenige in Erinnerung bleibende Noten. Dem vernichtenden Urteil von Plattfuss kann ich mich definitiv nicht anschließen. Es ist ein netter Blend für den Alltag. Nichts was einen umhaut - bei Gott nicht - aber dennoch ein gut verdauliches Tröpfchen, das nach meinem Geschmack noch etwas weicher sein dürfte. Plattfuss goutierte wohl die leichte Tendenz ins Marzipanig-Süße nicht (welches ich nicht besonders ausgeprägt finde). 40% Vol. Um die 14,- EUR. 

Schließen möchte ich der Jahreszeit angemessen mit einem Rezept für einen Hot Irish Whiskey, direkt von der Webseite von Kilbeggan: Man nehme 2 cl oder 4 cl Whiskey, eine mit vier Nelken gespickte Zitronenscheibe, Zucker nach Belieben sowie heißes Wasser und gebe zuerst den Whiskey und die Zitrone, dann das Wasser und den Zucker in eine Tasse oder ein hitzebeständiges Teeglas. Soll im Winter Wunder wirken.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 25. November 2011. Dann hoffentlich endlich mit dem Artikel zur Trinkkultur der 80er. Wenn nicht, dann mit etwas anderem.

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