Samstag, 20. Oktober 2012

Irisches Stundenbuch, Folge 2: O'Connell's vs Coleraine (beide 40% Vol.)

Was die Pubkultur in Irland angeht, so hat die lange britische Besatzungszeit wohl doch ihre Spuren hinterlassen. Die Trinkhallen (teach tábhairne) ähneln denen in Großbritannien in Mobiliar und Ausstattung sehr: Ein ländlicher Pub besteht in der Regel aus einer langen Theke, dunklem, teilweise sehr massiven Holzmobiliar und den unvermeidlichen Handpumpen (ohne Kohlensäurepatronen!) für das Bier. Manche Sitten ähneln sich ebenfalls: zum Beispiel die, dass man sich seine Getränke am Tresen selbst bestellt und holt (Ausnahme sind Pubs mit angeschlossener Speisewirtschaft, dort kann man in der Regel auch am Tisch bestellen). Oder dass man für die Getränke am Tresen kein Trinkgeld gibt.  Andererseits ist auch Einiges anders als in Großbritannien: die Öffnungszeiten sind hier deutlich liberaler gehandhabt; in Prinzip kann jede Gemeinde selbst entscheiden, wann (und ob) Sperrstunde ist. Auch ist in den irischen Pubs die Livemusik - nicht nur am Wochenende - regelmäßiger Bestandteil der Unterhaltung. Generell ist es, je nachdem, was man trinken möchte, günstiger im Pub, als wenn man sich seine Alkoholika aus dem Supermarkt oder dem Schnapsladen holt (zu den Getränkepreisen sage ich in der nächsten Folge noch etwas). Grundsätzlich kann man in normalen, nicht allzusehr touristisch geprägten Kneipen einen Pint (568 ml) Guinness für etwa 3,50 bis 4,00 EUR erwarten, zur Happy Hour oder ähnlichen Gelegenheiten wird es teilweise noch einmal günstiger. Generell ist die Atmosphäre gesellig und locker. Auf unserer Reise haben wir in der ganzen Zeit nicht ein böses Wort gehört. Die lockere Plauderei gehört dabei aber auch zum guten Ton. Insbesondere dann, wenn klar ist, dass man Ausländer/Tourist ist, sollte man zu einer Runde Smalltalk willens und bereit sein. Es ist übrigens unüblich, Getränke getrennt zu bezahlen (wenn auch nicht so gänzlich unbekannt wie in Großbritannien). Stattdessen schmeißt man Runden. Hat man nicht genug Geld (z.B. weil die Runde sehr groß ist), um sich zu revanchieren, ist die zweitbeste Möglichkeit, der Person, der man die Runde schuldet, das Geld für das ausgegebene Getränk diskret (!) und mit entsprechendem Hinweis auf die mangelnde Liquidität zuzustecken.

Sofern eine Gaststätte Speisen anbietet, so sind dieses häufig Klassiker der irischen Küche wie Irish Stew oder Shepherd's Pie. Manchmal gibt es auch ein einzelnes Tagesgericht. An Bieren darf man aus dem Zapfhahn in der Republik Irland in der Regel Guinness und Smithwick's (ein Ale aus der selben Brauerei wie das in Deutschland bekannte Kilkenny, welches in Irland weniger ausgeschenkt wird) erwarten, neuerdings auch das Smithwick's Pale Ale, ein IPA. Ferner Harp Lager, ebenfalls aus der Guinness-Brauerei. Die Biere werden im angelsächsischen Stil gezapft, sind für den normalen Pilstrinker also etwas "arm an Bläschen", wie mein Opa immer sagte. Allerdings, so finde ich zumindest, wenigstens etwas kühler als die lauwarme Cervisia bei den Briten. Wer einen etwas pilsigeren Geschmack möchte, findet meist ein oder zwei ausländische Sorten (Heineken, Nastro Azzurro, Stella Artois) ebenfalls an einem Zapfhahn, diese werden dann auch eher kontinentaleuropäisch serviert. Beliebt sind auch amerikanische Leichtbiere wie Bud Light oder Coors Light. Erfrischende Alternative zum Bier ist übrigens meist der Cider, aus dem Hahn oder aus der Flasche (z.B. von Bulmer's, aber auch - man höre und staune - von Stella Artois).

Spirituosentechnisch meistens keine großen Überraschungen: Jameson, Bushmills, Crested Ten (Premiumsegment von Jameson), Powers Gold Label (angeblich einer der oder der beliebteste Whiskey in Irland, ich persönlich fand ihn nicht so toll, habe aber auch andere Meinungen gehört) und natürlich auch einige Rums, Gins und was es auch in deutschen Kneipen so alles gibt. Wenige schottische Whiskys, außer in der Touristenhochburg Dublin. Seltsamerweise auch wenig(er) Tullamore Dew. Wird er hauptsächlich exportiert?

Bleibt noch die Verkostung für heute: es duellierten sich zwei irische Blends, die man hier in Deutschland nur sehr selten zu sehen bekommen dürfte. Gleichzeitig ein friedlicher Vergleich zwischen der Republik Irland und Ulster/Nordirland. In der rechten Ecke der O'Connell's NAS aus der  Destillerie Cooley: von dieser wird er aktiv nicht beworben. Über drei bis vier Ecken fand ich heraus, dass es sich hierbei wohl um eine Marke von Cooley handelt, welche normalerweise für den Export nach Frankreich vorgesehen ist (wer übrigens Infos zu unbekannten irischen Whiskeys braucht, der sei auf die Seite Irish Whiskey Chaser hingewiesen). Der Produktionsüberschuss wird dann anscheinend im eigenen Lande abverkauft. Die Flasche war für irische Verhältnisse übrigens ein Schnäppchen, mit 14,- EUR im Supermarkt. Etwa ebenso teuer war die Flasche Coleraine NAS, welche von der Coleraine Distillery Ltd. in Belfast (Nordirland) hergestellt wird und auch fast nur in Nordirland bzw. im Grenzgebiet zu kaufen ist. Da es keine Coleraine Distillery (mehr) gibt, muss dieser Whiskey logischerweise von der einzigen nordirischen Brennerei - Bushmills - kommen.




Art und Herkunft: Blended Whiskey, Republik Irland (Cooley)

Aussehen und Aroma: Relativ hell, dünne und engsitzende Legs. Ein angenehmes Aroma von Butterscotch und Toffee.

Geschmack: Der O'Connell's bietet im Antritt einen leichten Anflug von Vanille, gepaart mit einer milden Süße. Im Mittelteil dann deutliche Getreidenoten (Hafer?).

Abgang: Mittellang, für einen Blend schon eher lang, wärmend.

Fazit: Sehr angenehm zu trinken, keine bösen Überraschungen. Sehr mild. Ein guter Blend der unteren Mittelklasse.


Art und Herkunft: Blended Whiskey, Nordirland (Bushmills)

Aussehen und Aroma: Der Coleraine ist eher safrangelb und von der Konsistenz ähnlich wie der O'Connell's.  In der Nase hat er frischere Impulse als dieser, viel Gras, leider auch deutlich das Ethanol im Hintergrund.

Geschmack: Zuerst zeigt er sich süßlich, mit einem fruchtigen Geschmack (Aprikose), im Mittelteil kommen die Grain Whiskeys mit ihrer charakteristischen Bitterkeit stärker durch.

Abgang: Mittellang, leider zum Ende hin etwas ruppig.

Fazit: Ebenfalls ein akzeptabler Durchschnittsblend, der sich ganz gut trinken lässt und keinen Ärger macht.

Gesamtfazit: Alles in allem muss ich doch dem O'Connell's den Vorzug geben, Beide Whiskeys sind durchaus vergleichbar in der Qualität, jedoch ist der Coleraine merklich harscher, ohne besonders viel Charakter zu entwickeln.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 27. Oktober 2012.

Picture Credits: alle TAQ.


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