Samstag, 13. April 2013

Talisker Storm NAS (45,8% Vol.)

Ich gebe meinen Verkostungen ja normalerweise keine blumigen Überschriften mehr ... aber wenn ich für diese eine finden müsste, würde ich Tolkien zitieren und sie Ein langerwartetes Fest nennen. Auf die heutige Flasche habe ich mich gut ein halbes Jahr gefreut, eigentlich seit sie im letzten Herbst angekündigt wurde. Talisker hat zwei neue Reihen herausgebracht, beide - wie mittlerweile im Trend liegend - ohne Altersangabe. Einerseits den hier besprochenen Storm, andererseits den Port Ruighe, welcher in Portweinfässern reifte und Anfang April 2013 bei uns auf den Markt kommt, jedoch auch gut einen Zehner teurer sein wird als der im ersten Quartal erschienene stürmische Bruder.

Nach dem 57° North - den ich schon früher hätte besprechen sollen, aber egal - ist dies nun ein weiterer Schritt von Talisker in die Richtung, die andere Brennereien ebenfalls seit einiger Zeit erfolgreich zu beschreiten scheinen (siehe Arran, siehe Macallan, usw.), nämlich weg vom Geprotze mit den Altersangaben, welches ja auch nur einen begrenzten Wert hat, wie wir aus Erfahrung wissen. Recht oft haben wir einen müden 18- oder 20-jährigen Schluck im Glas gehabt und freuten uns dann, einen frischen und fröhlichen Achtender zu kosten.  Das Alter alleine ist nun mal kein Garant für gute Qualität. Genau so verhält es sich meines Erachtens auch mit der so oft geschmähten Färbung mit Zuckerkulör. Natürlich ist es für den wahren Genießer schöner, ein quasi naturbelassenes Produkt vorzufinden, das weder gefärbt - oder auch kühfiltriert ist. Aber den Geschmack an sich beeinflusst der Zusatz dieses Farbstoffs selbstverständlich nicht. Es ist alles, wie so oft, eine Glaubensfrage. Was die Altersangabe betrifft, so habe ich mich schon vor einiger Zeit von der zwanghaften Jagd nach immer älteren Abfüllungen verabschiedet. Wichtig ist doch im Endeffekt der Whisky als Gesamtkunstwerk.

Nach dieser allerdings etwas grundsätzlichen Vorrede zurück zu(m) Talisker. In Bezug auf die Destillerie an dieser Stelle ganz gerne keine weiteren Infos mehr, das Wichtigste sollte bekannt sein bzw. ist überall (auch in diesem Blog) nachzulesen (Diageo, einzige Brennerei auf Skye, Chili Catch, Classic Malts, bla bla bla). An Produkten mit Altersangabe werden zur Zeit aktiv nur noch der 10 (mein allerliebster Brot- und Butterwhisky übrigens), der 18 sowie der 25 beworben. Auch optisch wurde das Portfolio 2012 aufgehübscht, unter anderem mit der Änderung der Verpackung des Zehnjährigen. Die heute verkostete Flasche Storm habe ich im Einzelhandel erstanden, für den sehr fairen Preis von 36,99.

Sooo viele Rezensionen von unabhängiger Seite habe ich noch nicht gesehen, insofern freue ich mich natürlich, dass ich hier auch einmal zeitnah zur Markteinführung testen kann. Das, was ich gelesen habe, war übrigens durchaus gemischt. Manche loben ihn über den grünen Klee (meistens Talisker-Fans), andere hatten mehr Torfigkeit erwartet, denn der Storm wurde dementsprechend angekündigt. Ein Text, den ich hier nur aus dem Gedächtnis zitieren kann, sagte ungefähr folgendes: "Bin enttäuscht, hatte mehr was in Richtung Islay erwartet". Ok, bei allem Respekt ... aber das war dann ja doch eine etwas seltsame Erwartungshaltung, oder? Wenn ich Islay will, dann hole ich mir Islay. Und wenn ich Talisker kaufe, dann will ich Talisker. Meinetwegen auch torfiger. Aber Talisker.

Es gibt übrigens tatsächlich auch noch einen Bastard Malt namens Islay Storm (abgefüllt von einer Firma in Glasgow), seltsam, dass es da keine Markenstreitigkeiten gab ...


Bild: TAQ

Art und Herkunft: Single Malt, Islands (Skye)

Aussehen und Aroma: Eher Kupfer als Gold, Farbe von lange gelagertem Heu. Eine deutliche, aber recht milde Torfrauchnote. Würzig, weißer Pfeffer. Süßer Grundton, Waldhonig. In der Ferne etwas Fichte?

Geschmack: Erst sehr weich und süß auf der Zunge, heller Imkerhonig. Im zweiten Gang dann plötzliche Hitze, auch Torf- aber kein Holzfeuer. Kräftig. Der süße Kern bleibt uns erhalten, drum herum die Talisker-typische Schärfe, rote Peperoni. 

Abgang: Eher als lang anzusprechen, sehr warm. Die Süße und auch die Schärfe bleiben uns eine Zeit lang erhalten und klingen nach.

Fazit: Die schlechte Nachricht zuerst: wer ein Torfmonster wie bei einem vergleichbaren Produkt von Islay sucht, ist hier tatsächlich schlecht beraten. Der Talisker Storm ist torfiger als zum Beispiel der Zehnjährige, keine Frage. Er mutiert dabei aber nicht zu einem Laphroaig II sondern bleibt unverkennbar ein Talisker - und das ist gleichzeitig die gute Nachricht. Dem Gaumen bietet er eine Vielzahl von Eindrücken und wird seinem Namen voll gerecht, denn er wirkt streckenweise tatsächlich sehr überwältigend. Für einen wirklich maritimen Whisky fehlt mir ein bisschen eine stärkere Salznote, aber diesen kleinen Abstrich kann ich verkraften. Ansonsten ist dies ein schön durchkomponierter Single Malt; für jeden Talisker-und im weiteren Sinne Islands-Fan ein Muss, würde ich sagen. Wer sehr auf Islay fixiert ist - eventuell erst probieren vor dem Kauf, wenn möglich. Die Honignoten finde ich sehr angenehm.

Tipp: Man kann Wasser hinzugeben, um so die Ecken und Kanten etwas abzuschleifen. Mir persönlich schmeckt er aber ohne Wasser etwas besser bzw. interessanter.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 20. April 2013.


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